Gemeinsam mit Botschafter*innen der Erinnerung unterwegs in Torre Pellice
Die Täler in den italienischen Alpen nahe Turin waren dabei immer schon ein zentraler Ort für die Waldenser. Bis heute finden die jährlichen Synoden der Waldenser hier in Torre Pellice statt. Wir hatten die Möglichkeit an einem Gottesdienst der Waldenser teilzunehmen, welche einige von uns nutzen. Viele Leute nahmen an dem Gottesdienst teil. Nach dem Gottesdienst kamen die Leute aus der Gemeinde vor der Kirche zusammen, um miteinander zu reden und es gab Kuchen und Tee. Danach trafen wir die Jugendlichen aus der Kirche. Wir spielten Spiele zum Kennenlernen und tauschten uns über unsere Arbeit aus.
Am Sonntagnachmittag hatten wir die Gelegenheit, einen Zeitzeugen, einen ehemaligen Partisanen, kennenzulernen und mehr über sein Leben im Kampf gegen die Nazis und die italienischen Faschisten im Zweiten Weltkrieg zu erfahren. Danach erkundeten wir die Orte der Reistenza in Torre Pellice.
Das Gespräch mit dem Zeitzeugen war sehr bewegend. Auch wenn er zum Teil anekdotenhaft über seine „Abenteuer“ als Partisane erzählte, hat er doch auch sehr deutlich gemacht, wie wichtig ihm solche Gespräche mit jungen Menschen sind. Er möchte mit diesen Gesprächen dazu beitragen, dass die Menschen lernen, damit „nie wieder einer ganzen Generation die Jugend gestohlen wird“.
Am Montag sind wir auf den Pfaden der Partisanen und Waldenser in den Bergen rund um das Pellice-Tal gewandert. Auf einer kurzen Wanderung besuchten wir Orte der waldensischen (Verfolgungs-)Geschichte. Wir machten ein Picknick an der „Barbenschule“. Auf unseren Wanderungen (ca. 9 km, 560 Höhenmeter) haben wir beeindruckende Orte und wunderschöne Landschaften gesehen. Wir waren sehr froh, dass wir unbeschwert diese großartige Natur genießen konnten und nicht wie die Partisanen oder die Waldenser in die Berge fliehen mussten.
Am Dienstag waren wir in Turin, wo wir, nach einem kurzen Rundgang durch die Stadt, das Resistenza Museum besuchten. Im Mittelpunkt dieses Museums des Widerstandes stehen Zeitzeug*innen-Berichte, Dokumente und Wochenschauen. Sie zeigen das Leben in Turin aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Dort haben wir einen Blick in den Alltag während des zweiten Weltkrieges in Turin geworfen.
Den Mittwoch haben wir genutzt, um uns intensiv mit dem jüdischen Leben in der Region zu beschäftigen. Bei einer Führung durch die Synagoge und über den jüdischen Friedhof in Saluzzo haben wir viel über die jüdische Kultur und Bräuche erfahren. Deutlich ist an Saluzzo zu sehen, wie sehr die jüdische Gemeinde darum bemüht war nicht aufzufallen. Besonders zeigt sich dies an der Lage der Synagoge, die sich im obersten Stock eines ganz normalen Wohnhauses befindet und keine Fassadenelemente aufweist, die auf ihre Anwesenheit hinweisen. Von außen ist sie also gar nicht zu sehen.
Am Donnerstag sind wir zum Refugio Jervis gewandert (Wanderung auf alten Partisanenpfaden). Dieses befindet sich in ca. 1.500 Metern Höhe am Rand einer Hochebene. In der Nähe des nach einem Widerstandskämpfer benannten Refugiums warfen die Alliierten Nachschub für die Partisanen ab. Es wurde 1950 erbaut und war Guglielmo Jervis (genannt Willy) gewidmet. Guglielmo Jervis war Bergsteiger und Partisane. Er wurde am 5. August 1944 von den Nazis gefangen genommen und getötet. Die Hütte erreicht man in etwa drei Stunden zu Fuß auf wenigen möglichen Wegen, die alle Wanderwege sind.
Am Freitag besuchten wir den Wochenmarkt in Torre-Pellice. Danach besuchten wir das Chanforan-Denkmal, das zur Erinnerung an die Geschichte der Waldenser an diesem Ort geschaffen wurde. Im Jahr 1532 beschlossen die Waldenser, sich nach einer einwöchigen Versammlung der europäischen Reformationsbewegung anzuschließen.
Wir nutzen diesen friedlichen Ort für unsere Reflexion. Wir dachten über den Widerstand und die Verfolgung nach und teilten mit, was wir von dieser Reise gelernt hatten, bevor es am Samstag wieder zurück nach Dortmund ging. Die einzelnen Lernerfahrungen waren sehr unterschiedlich. Für einige war die Erkenntnis wichtig, dass Bildung immer eine gute Grundlage für eigenständiges Denken und Handeln ist, für andere war die Begegnung mit dem Zeitzeugen am eindrücklichsten. Sie nehmen seinen Auftrag mit, dafür zu kämpfen, dass Faschismus nie wieder die Oberhand gewinnen darf. Einig waren sich aber alle darin, dass die Waldenser Täler auf jeden Fall einen Besuch wert sind und diese Fahrt noch einmal wiederholt werden sollte.